Adrenalin by Michael Robotham

Adrenalin by Michael Robotham

Autor:Michael Robotham
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2011-07-07T22:00:00+00:00


4

Nachdem es vorbei ist – das Packen, das Verlassen des Hauses und die Taxifahrt zu Jock –, komme ich mir vor wie an meinem ersten Tag im Internat. Allein gelassen. Eine einzelne Erinnerung fällt mir ein, mit all dem Licht und Schatten der Realität: Ich stehe auf der Eingangstreppe von Charterhouse, mein Vater umarmt mich und spürt das unterdrückte Schluchzen in meiner Brust. »Nicht vor deiner Mutter«, flüstert er.

Dann wendet er sich ab und sagt zu meiner Mutter: »Nicht vor dem Jungen«, während sie sich die Augen abtupft.

Jock besteht darauf, dass ich mich besser fühlen werde, wenn ich mich rasiert, geduscht und anständig gegessen habe. Er bestellt bei einem Inder, doch ich bin schon auf dem Sofa eingeschlafen, bevor das Essen kommt. Er isst alleine.

Im scheckigen Halblicht, das durch die Jalousien fällt, sehe ich Aluminiumschalen mit gelben und orangefarbenen Saucenflecken am Rand, die sich neben dem Waschbecken stapeln. Die Fernbedienung des Fernsehers drückt mir ins Kreuz, die Programmzeitschrift klemmt unter meinem Kopf. Ich weiß nicht, wie ich es überhaupt geschafft habe zu schlafen.

Meine Gedanken kehren immer wieder zurück zu Julianne und dem Blick, den sie mir zugeworfen hat. Er ging weit über bloße Enttäuschung hinaus. Auch Traurigkeit ist als Wort nicht groß genug. Es war, als ob etwas in ihr gefroren wäre. Wir streiten nur sehr selten. Julianne kann mit Gefühl und Leidenschaft diskutieren. Wenn ich versuche, zu schlau zu sein, oder unsensibel werde, wirft sie mir Arroganz vor, und ich sehe die Verletzung in ihrem Blick. Dieses Mal habe ich nur Leere gesehen. Eine endlose, windgepeitschte Landschaft, bei deren Durchquerung ein Mann sterben könnte.

Jock ist schon wach, ich höre ihn unter der Dusche singen. Ich versuche, meine Füße auf den Boden zu setzen, doch nichts geschieht. Einen flüchtigen Moment habe ich Angst, gelähmt zu sein. Dann merke ich, dass ich das Gewicht der Decke spüre. Ich konzentriere mich, und meine Beine reagieren widerwillig.

Die Bradykinese wird deutlicher. Stress ist ein Faktor bei Parkinson. Ich soll viel schlafen, regelmäßig Sport treiben und versuchen, mir keine Sorgen zu machen. Ja, klar!

Jock lebt in einem Häuserblock mit Blick auf Hampstead Heath. Im Erdgeschoss gibt es einen Portier, der einem einen Schirm hält, wenn es regnet. Er trägt eine Uniform und nennt die Leute ›Madam‹ und ›Sir‹. Früher gehörten Jock und seiner Frau das ganze oberste Stockwerk, aber seit der Scheidung kann er sich nur noch eine Zwei-Zimmer-Wohnung leisten. Außerdem musste er seine Harley verkaufen und ihr das Haus in den Cotswolds überlassen. Jedes Mal wenn er einen teuren Sportwagen sieht, behauptet er, dass er Natasha gehört.

»Rückblickend sind es nicht die Exfrauen, die mir Angst machen, es sind die Schwiegermütter«, sagt er. Seit seiner Scheidung ist er zu einer Art streunender Essensgast geworden, wie Jeffrey Bernard sagen würde, der von außen hereinschaut und eine Fliege an der Wand anderer Leute Ehen ist.

Jocks und meine Beziehung reicht viel weiter zurück als bis zu unserer Studienzeit. Derselbe Gynäkologe hat uns im selben Krankenhaus am gleichen Tag nur acht Minuten nacheinander zur Welt gebracht. Das war am 18.



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